Punkteabzug im internationalen Korruptionsranking (CPI)

Der Abstand zu den Top-Ländern wird immer größer

Wien, 25.01.2022: Transparency International präsentiert heute den Corruption Perceptions Index (CPI) 2021. Österreich verliert zwei Punkte und erhält insgesamt nur noch 74 von 100 Punkten. Im Vorjahr waren es noch 76 Punkte und vor zwei Jahren 77 Punkte. Nach Punkten ist dies das schlechteste Ergebnis seit dem CPI 2014, die Tendenz zeigt eindeutig nach unten. 

Österreich liegt in diesem Jahr, gemeinsam mit Kanada, Estland, Island und Irland auf Rang 13. Dass es neben dem deutlichen Punkteabzug nicht auch zu einer schlechteren Platzierung im Vergleich zum letzten Jahr (Platz 15) gekommen ist, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass sich Korruption auch in vielen anderen Staaten zu einem immer größeren Problem entwickelt.

Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von Transparency International Austria, warnt deshalb: „Das Ergebnis ist schlecht und ernüchternd, daran gibt es nichts zu beschönigen. Einer der zentralen Gründe ist auch die angekündigte, jedoch nicht erfolgte Umsetzung von nationalen Anti-Korruptionsprojekten, u.a. bei Lobbying-Vorschriften und bei der Parteienfinanzierung. Die ernsten Anschuldigungen und Skandale auf höchster politischer Ebene stellen ein großes Problem für das Vertrauen der Bevölkerung in die Demokratie dar. Pauschale Angriffe von Politikern gegen die Justiz und Ermittlungsbehörden sind inakzeptabel.“

Die Politik hat die Justiz arbeiten zu lassen. Verunglimpfungen der Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sind zu verurteilen. Österreich konnte nur dadurch ein schlechteres Ergebnis verhindern, dass trotz der Verfehlungen der Politik, die sogenannte „Alltagskorruption“ („petty corruption“) in den letzten 10-20 Jahren deutlich zurückgegangen ist. Der sogenannte „Tone from the top“, also die Vorbildfunktion der Politik in Bezug auf Anti-Korruption, hat in den letzten Monaten und Jahren gefehlt.

Den ersten Rang im CPI 2021 teilen sich Dänemark, Neuseeland und Finnland (88 Punkte). Die Schweiz belegt mit 84 Punkten Rang 7 und Deutschland mit 80 Punkten Rang 10. Am Ende der Rangliste finden sich Somalia, Syrien und Südsudan.

Dr. Alexander Picker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von TI-Austria, erläutert: „Der Korruptionswahrnehmungsindex bezieht sich auf die letzten zwei Jahre und aggregiert Daten aus 13 Datenquellen von 12 verschiedenen Institutionen (u.a. Bertelsmann Stiftung Transformation Index) zur Wahrnehmung des Korruptionsniveaus im öffentlichen Sektor durch Geschäftsleute sowie Länderexpertinnen und Länderexperten. Auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) werden die ermittelten Werte dargestellt.“

 Der CPI umfasst u.a. folgende Erscheinungsformen von Korruption: Bestechung und Bestechlichkeit, Nepotismus, Entwendung öffentlicher Mittel, die effektive Strafverfolgung von korrupten Amtsträgerinnen und Amtsträgern sowie wirksame Integritätsmechanismen im öffentlichen Sektor. Expertinnen und Experten schätzen die Korruption in einem Staat u.a. anhand von folgender Frage: Inwieweit dämmt die Regierung Korruption erfolgreich ein und inwieweit werden Amtsträgerinnen und Amtsträger, die ihre Position missbrauchen, strafrechtlich verfolgt oder bestraft?

  „Die Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (kurz GRECO) stellte im Jahr 2021 fest, dass die österreichische Regierung nur zwei der neunzehn Empfehlungen aus dem Jahr 2017 zufriedenstellend umgesetzt hat.[1] Um in Bezug auf Anti-Korruptions- und Transparenzmaßnahmen das von TI-Austria geforderte Niveau zu erreichen, muss die Regierung an mehreren Stellen den Hebel ansetzen.“, so Mag. Georg Krakow, Vorstandsmitglied von TI-Austria.

So wurde zwar ein Entwurf für das Informationsfreiheitsgesetz zur Begutachtung veröffentlicht, die Verzögerung bei der Umsetzung ist jedoch problematisch. Das Thema Bundesstaatsanwalt wurde zwar diskutiert, konkrete Schritte sind jedoch noch nicht erfolgt. Auch die Schlupflöcher im Lobbying- und Interessenvertretungsregister wurden erkannt, es fehlt jedoch am politischen Willen für eine Verbesserung und Nachschärfung.

 Neben Forderungen hat TI-Austria zu unterschiedlichen Themenbereichen auch konkrete Stellungnahmen und Empfehlungen präsentiert. Die Expertinnen und Experten von TI-Austria werden auch in Zukunft an einem umfangreichen Anti-Korruptions-Portfolio mit konkreten Lösungsansätzen für Österreich arbeiten:

 

 Weitere Informationen:

  • Die Ergebnisse aller im diesjährigen CPI erfassten Staaten finden Sie auf der Seite des internationalen TI-Sekretariats unter: transparency.org/cpi2021 (ab 25.01.2022, 06:01 Uhr)

 

Kontakt für Rückfragen:

Luca Mak LL.M.
Geschäftsführer
Transparency International Austria
Tel.: +43 (0)1 960 760
E-Mail: office@ti-austria.at 

[1] Link zum GRECO-Report: https://www.coe.int/en/web/portal/-/austria-compliance-with-anti-corruption-recommendations-for-mps-judges-and-prosecutors-is-globally-unsatisfactory-