Wien, 05.04.2011: Transparency International – Austrian Chapter begrüßt in einem offenen Brief an die Klubobleute der österreichischen Parlamentsparteien, dass sie am Dienstag die möglichen legistischen Konsequenzen aus den medialen Enthüllungen der letzten Wochen – und Jahre – über Korruptionsverdachtsfälle besprechen werden. „Wir hoffen, dass sich diese Konsequenzen nicht nur in einer Anlassgesetzgebung einiger isolierter Teilprobleme und punktuellen Behebung einzelner Regelungslücken beschränken.“ sagt DDr. Hubert Sickinger, Vizepräsident des Beirats von TI-Austria, „Stattdessen sollte ein Gesamtkonzept zur Prävention und Sanktionierung politischer Korruption und zur Erhöhung der Transparenz über diskussionswürdige finanzieller Abhängigkeiten von Parteien und politischen Amtsträgern folgen.“ Ein derartiges Gesamtkonzept müsste vier Themenbereiche umfassen:

  • Eine Regelung für die Offenlegung von Parteispenden muss auch die Landes- und Teilorganisationen der Parteien erfassen.
  • TI-Austria begrüßt, dass das Bundesministerium für Justiz angekündigt hat, das Thema Lobbyismus einer Regelung zuzuführen. „Nach Einschätzung von TI-Austria sollte das künftige öffentliche Register den politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit einen Gesamtüberblick über professionelle Interessenvertretung verschaffen“ so Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI-Austria. Sich in dieses einzutragen, soll für seriöse Unternehmen und Interessenvertreter eine ähnliche Selbstverständlichkeit wie die Eintragung in das Firmenbuch darstellen – und zugleich eine wirksame Handhabe zur Sanktionierung „korrupter Außenseiter“ bieten.
  • Dieser Transparenz auf der Seite der Lobbyierenden muss auch eine Transparenz seitens der Adressaten von Lobbying gegenüber stehen. TI-Austria begrüßt daher insbesondere die Vorschläge der Nationalratspräsidentin, in Österreich vergleichbare Regelungen der Offenlegung der finanziellen Interessen von Abgeordneten wie in Deutschland einzuführen.
  • „TI-Austria hat bereits anlässlich der Korruptionsstrafrechtsnovellen 2007 und 2009 die volle Einbeziehung von Abgeordneten in die Bestimmungen gegen Amtsträgerkorruption gefordert und die 2009 beschlossene Regelung mehrfach als völlig unzureichend kritisiert.“, so Dr. Franz Fiedler, Präsident des Beirats von TI-Austria. In der Intention, Einladungen zu Repräsentationsterminen vom Strafrecht auszunehmen, wurde weit übers Ziel geschossen und eine bedenkliche Regelungslücke auch für „echte“ politische Amtsträgerkorruption geschaffen, die bei dieser Gelegenheit dringend saniert werden muss.

TI-Austria appelliert daher an die Verantwortung unserer Volksvertreter, die gegenwärtige – für das Ansehen der Politik zweifellos äußerst unerfreuliche – Situation zum Anlass für eine langfristig tragfähige Regelung der oben angesprochenen Problembereiche zu nehmen.

 

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