Transparency International – Austrian Chapter startet Projekt „Hochschulwatch“ auch in Österreich

 

Wien, 26.08.2015: Rund eine halbe Milliarde Euro fließt laut Angaben der OECD jedes Jahr aus der Privatwirtschaft an die insgesamt 69 österreichischen Hochschulen – mit steigender Tendenz. Im Jahr 2014 akquirierten allein die öffentlichen Universitäten 184,79 Mio. € an Drittmitteln aus der Privatwirtschaft, gingen insgesamt 1.072 Forschungskooperationen mit privaten Unternehmen ein, erhielten weitere 13,8 Mio. € an privaten Spenden und profitierten von 51 privat (teil-)finanzierten Stiftungsprofessuren.

Dabei bleibt jedoch völlig im Dunkeln, welche Unternehmen welcher Hochschule wie viel Geld zu welchem Zweck zur Verfügung stellen. Dies liegt zum einen an vor allem für die Fachhochschulen, pädagogischen Hochschulen und Privatuniversitäten fehlenden Berichtspflichten. Problematisch ist zum anderen das Amtsgeheimnis, welches in Österreich EU-weit einzigartig noch immer im Verfassungsrang steht und die Hochschulen daher – auch auf Anfrage – nicht zu einer Veröffentlichung spezifischer Informationen hinsichtlich Ihrer Finanzierung verpflichtet. Die Angabe des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft im Universitätsbericht 2014, „Einflussnahmen der Sponsorinnen und Sponsoren sowie Förderinnen und Förderer (…) werden vertraglich bzw. durch Regelungen in der Satzung ausgeschlossen“, lässt sich somit ohne geeignete Transparenzmaßnahmen nicht überprüfen.

„Eine zu große Nähe von Forschung und Wirtschaft kann womöglich zu Interessenskonflikten, direkten oder indirekten Beeinflussungen der Forschungsergebnisse und letztlich einer Ausrichtung der gesamten Forschung an Interessen der privaten Geldgeber führen“, warnt Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von Transparency International – Austrian Chapter (TI-Austria).

TI-Austria fordert daher:

  • Offenlegungspflichten von Verträgen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft
  • Verpflichtende Sponsoring-Berichte für Hochschulen
  • Verbot einer finanziellen Abhängigkeit von Wissenschaftlern zu Drittmittelgebern
  • Uneingeschränktes Recht von Wissenschaftlern auf Veröffentlichung ihrer Forschung
  • Verabschiedung von auch für Hochschulen gültigen Informationsfreiheitsgesetzen

In Deutschland hat sich seit 2011 das von Transparency International gemeinsam mit der Tageszeitung taz und dem Freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften organisierte Projekt „Hochschulwatch“ dieser Problematik angenommen. Dabei wurden insgesamt über 10.000 Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft mit mehr als 4.000 privaten Förderern recherchiert und online unter www.hochschulwatch.de veröffentlicht.

Nun wird das Projekt auch in Österreich durchgeführt. Nach einer Bestandsaufnahme, welche Informationen zur privaten Finanzierung von Hochschulen an welcher Stelle und in welcher Form bereits veröffentlicht werden, sollen die recherchierten Informationen in einem zweiten Schritt mit den Hochschulen und Hochschulkonferenzen sowie den zuständigen Bundesministerien diskutiert und gemeinsam Schritte definiert werden, wie die private Finanzierung österreichischer Hochschulen künftig transparenter erfolgen kann.

Um ein breiteres Bewusstsein für diese Problematik zu schaffen, wird Eva Geiblinger am 27.8. im Rahmen der Hochschulgespräche des Europäischen Forum Alpbach an einer Podiumsdiskussion zum Thema „Gekaufte Wissenschaft? Hochschule zwischen Verantwortung und Transparenz“ teilnehmen.

Die Mitdiskutanten sind:      

  • Anna Lehman, Journalistin der Tageszeitung taz
  • Markus Scholz, Leiter des Center for Corporate Governance and Business Ethics an der FH Wien der WKW
  • Roland Spitzlinger, Mitglied des parlamentarischen Hypo-Untersuchungsausschusses und Gründer des „Instituts für angewandte Korruption“

Die Diskussion wird von Rainer Nowak, dem Chefredakteur der Tageszeitung „Die Presse“, moderiert.

 

Kontakt für Rückfragen:
Transparency International – Austrian Chapter
Thomas Gradel
Tel.: +43 (0)1 960 760
E-Mail: office[at]ti-austria.at