Transparency International – Austrian Chapter kritisiert Gesetzesvorlage für Informationsfreiheitsgesetz als völlig unzureichend

 

Wien 16.12.2015: Österreich ist EU-weit das einzige Land, in dem das Amtsgeheimnis noch immer im Verfassungsrang steht. Durch zwei neue Gesetzesvorlagen sollen dieses nun abgeschafft und ein Informationsfreiheitsgesetz beschlossen werden – theoretisch zumindest.

„Wir begrüßen die grundsätzlichen Bemühungen der Regierung um eine gesetzliche Verankerung der Informationsfreiheit“, so Franz Fiedler, Ehrenpräsident des Beirats von Transparency International – Austrian Chapter (TI-Austria). „Jedoch sieht der Gesetzesentwurf derart viele Einschränkungen vor, dass sich diese in ihrer Gesamtheit nicht wesentlich von der gegenwärtigen Amtsverschwiegenheit unterscheiden. Überdies ist zu bemängeln, dass von der Einrichtung eines Informationsbeauftragten zur Durchsetzung des Rechts auf Informationsfreiheit abgesehen werden soll.“

 Bereits seit 2014 befasst sich der Nationalrat mit einem Gesetzesentwurf zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes, in deren Rahmen die Amtsverschwiegenheit abgeschafft und eine Informationsverpflichtung eingerichtet werden soll – bisher allerdings ohne konkrete Ergebnisse. Basierend hierauf wurde im November 2015 zusätzlich ein Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz eingebracht, das sich derzeit in parlamentarischer Begutachtung befindet.

 Die in diesem Gesetzesentwurf vorgesehenen Einschränkungen der Informationspflicht sind jedoch derart umfassend, dass sich – sollte das Gesetz unverändert verabschiedet werden – de facto nichts an der gegenwärtigen Amtsverschwiegenheit ändern dürfte. Kammern, börsennotierte Unternehmen und öffentliche Unternehmungen werden zudem ganz oder teilweise von den gesetzlichen Regelungen ausgenommen. Auch sind keinerlei Sanktionen im Falle von Verstößen gegen die Informationspflicht geplant.

 „Es ist nicht akzeptabel, dass Österreich als einziges Land in der Europäischen Union weiterhin am Amtsgeheimnis festhält und dieses nun sogar als Informationsfreiheitsgesetz zu tarnen versucht“, kritisiert Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI-Austria. „Die vollständige Realisierung des Rechts auf freie Information ist eine unabdingbare Voraussetzung für mehr Transparenz und eine effektive Korruptionsprävention in allen Gesellschaftsbereichen.“

 TI-Austria fordert die österreichische Regierung daher zu einer Nachbesserung des geplanten Informationsfreiheitsgesetzes hinsichtlich der folgenden Punkte auf:

  • Reduktion und bessere Definition der Gründe zur Einschränkung der Informationspflicht
  • Ausweitung der Informationspflicht auf Kammern und börsennotierte Unternehmen sowie Ausweitung der proaktiven Informationspflicht auf öffentliche Unternehmungen
  • Festlegung von Sanktionen im Falle von Verstößen gegen die Informationspflicht
  • Einrichtung eines Informationsbeauftragten zur Sicherung des Rechts auf freie Information anstelle des kosten- und zeitaufwändigen Zivil- und Verwaltungsrechtswegs als Abhilfe gegen die Nichterteilung von Informationen
  • Verabschiedung eines für ganz Österreich einheitlichen Bundesgesetzes zur Vermeidung von voneinander abweichenden landesgesetzlichen Regelungen

Die vollständige Stellungnahme von TI-Austria zum Gesetzesentwurf finden Sie unter Stellungnahmen.

 

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Thomas Gradel
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