Die Nichtregierungsorganisation fordert aber eine zuverlässige Einhaltung der freiwilligen Initiative oder verbindliche gesetzliche Regelungen
Wien, 22.06.2016: Spätestens am 1. Juli sollten Pharmaunternehmen auf ihren Websites die Namen jener Ärzte und Angehörigen anderer Gesundheitsberufe offenlegen, an die sie im Jahr 2015 finanzielle oder sonstige Zuwendungen geleistet haben. So sieht es eine freiwillige europaweite Selbstverpflichtung der Branche vor. Der strenge Schutz personenbezogener Daten in Österreich macht es jedoch erforderlich, dass die Leistungsempfänger der namentlichen Veröffentlichung ausdrücklich zustimmen müssen.
„Wir begrüßen diese Initiative, denn Transparenz ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Korruption“, betont Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von Transparency International – Austrian Chapter (TI-Austria). „Wir befürchten aber, dass unter dem Deckmantel des Datenschutzes in vielen Fällen eine transparente Offenlegung verhindert wird“.
Das Gesundheitswesen gilt allgemein als besonders anfällig für Korruption. Nicht zuletzt aus Imagegründen haben die Pharmafirmen des europäischen Branchenverbandes EFPIA daher im Jahr 2013 eine freiwillige Initiative zur Offenlegung von Zuwendungen an medizinische Einrichtungen und Ärzte, den sogenannten Disclosure Code, beschlossen. In Österreich wurde im Jahr 2014 eine entsprechende Regelung von den Mitgliedsunternehmen der PHARMIG in den Verhaltenscodex aufgenommen und auch mit der Ärztekammer abgestimmt.
Demnach müssen die Firmen bis zum Ende des 1. Halbjahres alle geldwerten Leistungen, die im Vorjahr an Angehörige der Fachkreise, wie etwa an Ärzte und andere Gesundheitsberufe, sowie an Institutionen (Health Care Organisations) geflossen sind, auf ihren Websites offenlegen – grundsätzlich unter namentlicher Nennung der Empfänger. Nur sofern dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich sein sollte, darf die Meldung in aggregierter Form – also zusammengefasst und ohne Namensnennung – erfolgen.
Es zeichnet sich jedoch ab, dass nur wenige Pharmafirmen in Österreich eine strenge „No consent – no contract“ – Politik verfolgen, gemäß der sie nur mehr mit jenen Ärzten Verträge abschließen, die auch einer namentlichen Veröffentlichung zustimmen. TI-Austria wird die Offenlegungspraxis daher in den nächsten Wochen und Monaten genau analysieren.
„Sollte die freiwillige Selbstverpflichtung der Pharmaunternehmen nicht für ausreichend Transparenz sorgen, sollte über eine gesetzliche Regelung analog zum Sunshine Act in den USA nachgedacht werden“, fordert Franz Piribauer, Leiter der Arbeitsgruppe Gesundheitswesen bei TI-Austria. „Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass sie die beste Behandlung bekommen und nicht die, für die meinungsbildende Ärzte das meiste Geld erhalten. Deswegen sollten sie überprüfen können, welche Ärzte wie viele Zuwendungen der Pharmaindustrie erhalten.“
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Transparency International – Austrian Chapter
Thomas Gradel
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