Transparency International – Austrian Chapter wiederholt Forderungen nach Überarbeitung des Österreichischen Lobbying-Gesetzes

 

Wien 25.01.2017: Auch vier Jahre nach ihrem Inkrafttreten haben das Österreichische Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz (LobbyG) und das Lobbying-Register noch immer zu kaum mehr Transparenz in Österreichs Lobbying-Szene geführt. Bereits vor rund zwei Jahren hatte Transparency International – Austrian Chapter (TI-Austria) in der Studie „Lobbying in Österreich“ sowie in der europaweiten Studie „Lobbying in Europe“ gravierende Mängel im LobbyG aufgezeigt und eine Überarbeitung des Gesetzes gefordert. Geändert hat sich seither nichts.

„Der Grundgedanke von Lobbying und Interessenvertretung ist die Mitbestimmung, Mitsprache und Beteiligung der Menschen und Organisationen, die von gesellschaftlichen oder anderen Entscheidungen oder Entwicklungen betroffen sind. Doch diese Mitsprache muss hinreichend offen und transparent erfolgen“, fordert Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI-Austria.

In den vergangenen eineinhalb Jahren hat daher eine mit Fachexperten aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Medien besetzte TI-Austria Arbeitsgruppe unter der Leitung von Peter Köppl, Präsident der Österreichischen Public Affairs Vereinigung (ÖPAV), eine detaillierte Analyse des LobbyG und dessen Umsetzungspraxis durchgeführt. Mit dem Ziel, die Transparenz im Lobbyismus zu erhöhen, formulierte die Arbeitsgruppe Empfehlungen zu einer Novellierung des LobbyG und des Lobbying-Registers sowie flankierende Maßnahmen:

 

1. Forderung einer Novelle des LobbyG sowie des Lobbying-Registers

a. Beseitigung von Schlupflöchern:

Das LobbyG weist einige unklare Formulierungen auf, die mitunter Anlass für Umgehung bieten. TI-Austria fordert daher, Gesetzeslücken zu schließen. Denn je deutlicher das LobbyG gefasst ist, umso einheitlicher ist das Verständnis des Gesetzes und umso geringer die Möglichkeit des Verstoßes. Unter anderem wurden folgende Schlupflöcher identifiziert:

  • Eine über die Vertretung von Parteiinteressen in einem Verfahren hinausgehende Vertretung durch Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder ist vom Anwendungsbereich des LobbyG ausgenommen, was als Vollausnahme interpretiert wird.
  • Ferner sollte die Ausnahme für Interessenverbände, die keine Dienstnehmer als Interessenvertreter beschäftigen, überdacht werden. Diese ist derzeit sogar als Vollausnahme konzipiert. In der Praxis könnte die Bestimmung als willkommenes Schlupfloch für verschleiertes Lobbying dienen. Aus der Definition der Interessenvertreter, die explizit zwischen Organen und Dienstnehmern unterscheidet, lässt sich ableiten, dass Organe von Interessenverbänden nicht als Dienstnehmer gelten. Durch die Verankerung einer geeigneten großen Zahl an Organen (etwa im Statut eines Vereins) kann dennoch eine organisierte Struktur geschaffen werden. Dass dies möglich ist, ohne die Anwendbarkeit dieses Ausnahmetatbestands zu gefährden, wird auch im vom Bundesministerium für Justiz veröffentlichten Vademecum zum LobbyG bestätigt. Die ratio legis dieser Bestimmung, kleine Vereine und andere Personenmehrheiten, die nicht über eine für die Interessenvertretung organisierte Struktur verfügen, zur Gänze aus dem Anwendungsbereich des LobbyG herauszunehmen, greift bei der jetzigen Formulierung der Bestimmung jedenfalls zu kurz.

Diese und weitere Schlupflöcher und Umgehungsmöglichkeiten sollen klar, deutlich und vollständig geschlossen werden, um einer Konterkarierung des LobbyG vorzubeugen, beispielsweise durch ersatzlose Streichung des Ausdruckes „und Vertretung“ im § 2 Z. 4 LobbyG sowie durch Ergänzung der §§ 5 Abs. 2 und 13 Abs. 1 Z. 2 LobbyG dahingehend, dass jeweils „übernehmen, erfüllen und ausführen“ erfasst sind.

b. Einführung effektiver Kontrollmechanismen:

Das Lobbying-Register weist ebenso eindeutige Lücken auf. So wurden bislang auch noch keine Sanktionen umgesetzt – einerseits aufgrund der dezidierten Ausnahme von zwei der vier im Gesetz definierten Gruppen von jeglichen Sanktionen, andererseits fehlt es an Kontrollmechanismen.

Problematisch zu sehen ist zudem die Tatsache, dass Lobbying betreibende Akteure sich zwar dem „Verhaltenskodex Lobbying & Public Affairs“ unterstellen sollen, jedoch bei Zuwiderhandeln nicht sanktioniert werden. Auch dies gilt es, zu ändern.

 

2. Flankierende Maßnahmen

a. Informationsmaßnahmen:

Von der Bundesregierung fordert TI-Austria, geeignete Informationsmaßnahmen zu realisieren, um die Nutzung des Lobbying-Registers durch Politiker und deren Mitarbeiter sowie durch die Beamten der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung zu steigern. Dazu zählen:

  • die Erstellung von Sensibilisierungsunterlagen, z. B. ein einheitlicher „Code of Conduct für den Umgang mit Interessenvertretern“, mit dem Ziel, eine transparente und professionelle Debattenkultur zwischen Amts- bzw. Funktionsträgern und Interessenvertretern zu etablieren;
  • Compliance-Trainings für Amts- und Funktionsträger mit regelmäßigen Schulungen für Abgeordnete und Kabinettsreferenten; und
  • die Vereinfachung und Entbürokratisierung des Zugriffs auf das Lobbying-Register für Politiker, deren Mitarbeiter und Beamte.

b. Jahresbericht:

Als weitere Maßnahme fordert TI-Austria die Einführung eines Jahresberichtes. Im Sinne der Transparenz soll das Bundesministerium für Justiz jährlich einen Bericht über das Register, die Veränderungen mitsamt statistischer Auswertungen sowie die flankierenden Maßnahmen veröffentlichen.

c. Lichtbild-Ausweis:

Zudem fordert man – dem Vorbild des EU-Parlaments folgend, aber auch als Incentive – dass alle Personen, die im Lobbying-Register eingetragen sind, einen von der Parlamentsdirektion ausgestellten Lichtbild-Ausweis erhalten. Der Eintrag ins Lobbying-Register kommt dabei einer Berechtigung zur Akkreditierung gleich.

 

„Uns ist wichtig, dass ein und dieselbe Tätigkeit – unabhängig von Arbeitsumfeld oder vom Auftraggeber – gleich geregelt wird und dass ein Bewusstsein für Transparenz in diesem Berufsstand entsteht. Das ist im Sinne alle Akteure“, so AG-Leiter und ÖPAV-Vorstand Peter Köppl.

 

Kontakt für Rückfragen:
Transparency International – Austrian Chapter
Thomas Gradel
Tel.: +43 (0)1 960 760
E-Mail: office[at]ti-austria.at