Transparency International – Austrian Chapter empfiehlt die Einrichtung von Hinweisgebersystemen in allen Bereichen der Politik, Wirtschaft und Verwaltung

 

Wien, 06.07.2018: Die Stadt Salzburg diskutiert derzeit über die Einrichtung einer Plattform für anonyme Hinweise hinsichtlich Missständen in der Verwaltung. Transparency International – Austrian Chapter (TI-Austria) ist davon überzeugt, dass anonyme Hinweisgebersysteme eine wesentliche Rolle in der Förderung korruptionsresistenter Integritätssysteme im öffentlichen wie auch privaten Sektor spielen.

„Durchwegs positive Erfahrungen mit anonymen Meldesystemen in öffentlichen Institutionen wie der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (.BAK), der Finanzmarktaufsicht (FMA) sowie zuletzt der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zeigen, dass anonyme Hinweisgeber einen wichtigen Beitrag zur Offenlegung von Missständen leisten und die Befürchtung eines Denunziantentums in der Praxis unbegründet bleibt“, so Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI-Austria.

Mag. Beatrix Winkler, stellvertretende Leiterin der WKStA und TI-Austria Beiratsmitglied, ergänzt: „Durch die Kommunikation mit Hinweisgebern wird die Ermittlung bei der WKStA präziser und die Wahrheitsfindung gefördert. Im Gegensatz zu anonymen Anzeigen, die als Brief übermittelt werden, sind durch die Whistleblowing-Hotline der WKStA Verleumdungen außerdem leichter zu entlarven, da direkte Rückfragen unter Wahrung der Anonymität möglich sind. Das elektronische Hinweisgebersystem bietet daher nur eine zusätzliche Leistung, die Gefahr falscher Anzeigen war schon immer gegeben.“  

Für österreichische Banken besteht seit 2014 bereits die Verpflichtung zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems für Mitarbeiter, wobei ausdrücklich die Anonymität des Hinweisgebers gewahrt sein muss. TI-Austria Vorstandsmitglied Prof. DI Friedrich Rödler betont: „Die bisherigen Erfahrungen der Banken mit solchen anonymen Hinweisgebersystemen sind durchwegs positiv und helfen, mögliche Schwachstellen in den Prozessen der Bank zu identifizieren. Zudem tragen sie zur Schadensminimierung bei Compliance-Verstößen bei.“

Auch im Privatsektor erschließen sich zahlreiche Vorteile durch die Implementierung von anonymen Meldesystemen. Diese lohnen sich nicht zuletzt auch finanziell. Laut dem internationalen Bericht „ACFE Report to the Nations on Occupational Fraud and Abuse 2016“ verlieren Unternehmen jährlich 5% des Umsatzes aufgrund von Wirtschaftsdelikten, wobei Unternehmen mit einem Meldesystem durchschnittlich 54% weniger Verlust zu verzeichnen haben und Missstände doppelt so schnell aufdecken können.

„Im Wissen um den wertvollen Beitrag von Hinweisgebern in der Korruptionsbekämpfung setzt sich TI-Austria dafür ein, dass Whistleblower entsprechend geschützt werden und klare Strukturen vorfinden, um Missstände korrekt melden zu können. Meldesysteme müssen in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Sektors zum allgemeinen Standard werden“, fordert Prof. Eva Geiblinger.

Eine langjährige Forderung von TI-Austria ist es, eine allgemeingültige Regelung zum Schutz für Hinweisgeber aus dem Privatsektor rechtlich zu verankern wie sie bereits für Beamte besteht. Die Europäische Kommission arbeitet erfreulicherweise derzeit an einer EU-weiten Regelung zum Schutz von Personen, die Fälle von Korruption, Betrug oder Fahrlässigkeit melden.

TI-Austria hat im Juni 2018 einen Leitfaden für Hinweisgeber und Unternehmen veröffentlicht, welcher eine Hilfestellung und verschiedene Handlungsvorschläge im Umgang mit Whistleblowing bieten soll. Die angeführten Best Practice Beispiele im Leitfaden sollen Mitarbeitern eine realistische Vorstellung möglicher Szenarien geben, in denen sie mit Missständen im Unternehmen konfrontiert sein könnten. Weiters sollen sie Hilfestellung bieten, wie Hinweise auf mögliches Fehlverhalten am besten gemeldet werden und welche Schritte dabei zu beachten sind. Demgegenüber sollen Unternehmen und Institutionen, die Missstände im eigenen Unternehmen aufdecken wollen, den Mehrwert von Meldungen durch Hinweisgeber erkennen und durch den Leitfaden ermutigt werden, bestmögliche Voraussetzungen zu schaffen, um einen vertrauensvollen Umgang mit Hinweisgebermeldungen zu gewährleisten.

„Keine Organisation ist vor illegalen Aktivitäten und Machtmissbrauch gefeit. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Organisation privat oder öffentlich, groß oder klein ist. Die Verwaltung stellt in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar“, stellt Prof. Eva Geiblinger klar.

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