Wien, 21.09.2020: Im Oktober 2019 hat die Europäische Union eine Richtlinie zum Schutz von Personen verabschiedet, die im beruflichen Zusammenhang Verstöße gegen geltendes EU-Recht melden. Bis Dezember 2021 müssen die Mindeststandards der Whistleblower-Richtlinie der EU auch in Österreich umgesetzt werden, um Hinweisgeber vor Repressalien zu schützen.
„Transparency International – Austrian Chapter (TI-Austria) setzt sich seit Jahren für eine umfassende Gesetzgebung zum Hinweisgeberschutz ein. Da Whistleblower einen wertvollen Beitrag zur Korruptionsbekämpfung leisten, fordern wir, dass diese entsprechend gesetzlich geschützt werden. Man muss klare Strukturen schaffen, um Missstände korrekt melden zu können. Meldesysteme müssen in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Sektors zum allgemeinen Standard werden“, so Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende TI-Austria.
Mag. Kristof Wabl, Leiter der TI-Austria Arbeitsgruppe Whistleblowing erklärt, „dass Hinweisgeber bei der Aufdeckung von Rechtsverstößen, die das öffentliche Interesse gefährden oder schädigen, insbesondere bei der Aufdeckung von Korruptionsfällen und anderen Straftaten unverzichtbar sind. Ohne sie würden viele Fälle von Wirtschaftskriminalität und Machtmissbrauch unerkannt bleiben“.
Die Arbeitsgruppe hat Empfehlungen für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht ausgearbeitet und in einem Forderungspapier an die Regierung zusammengefasst:
- Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Verstöße gegen nationales Recht
Es ist dringend erforderlich, den Schutzbereich auf Meldungen zu Verstößen gegen rein nationales Recht auszuweiten, die das öffentliche Interesse gefährden oder schädigen. Nur so können alle Hinweisgeber gleichermaßen geschützt werden.
- Vereinheitlichung des Hinweisgeberschutzes in einem Gesetz
Um die Regelungen übersichtlich zu gestalten und Rechtssicherheit zu schaffen, sollte ein einheitliches Rahmengesetz zum Schutz von Hinweisgebern eingeführt werden. In diesem sollte insbesondere abschließend geregelt werden,
- welche juristischen Personen des privaten und öffentlichen Sektors über ein Hinweisgebersystem verfügen müssen,
- mit welchen Funktionen das Hinweisgebersystem ausgestaltet sein muss,
- unter welchen Bedingungen ein Hinweisgeber Hinweisgeberschutz genießt und
- welche Sanktionen im Fall eines Verstoßes gegen das Rahmengesetz gelten.
- Ausstattung externer Behörden
Der Hinweisgeber hat laut EU-Richtlinie das Recht, die Wahl des geeigneten Adressaten für die Meldung eines Verstoßes selbst zu treffen und sich auch ohne vorherige interne Meldung an seinen Arbeitgeber direkt an zuständige externe Behörden zu wenden. Diese müssen mit entsprechenden Kompetenzen, finanziellen Mitteln und Personal ausgestattet werden.
- Vereinheitlichung des Schutzes für öffentlich Bedienstete (Beamte und Vertragsbedienstete)
Öffentlich Bedienstete müssen vollumfänglich vom Schutz der Richtlinie erfasst werden.
- Ermöglichung von anonymen Hinweisen
Die Richtlinie stellt es den Mitgliedstaaten frei, ob Arbeitgeber und die externen Behörden anonyme Meldungen entgegennehmen und diesen nachgehen müssen. Der österreichische Gesetzgeber sollte eine allgemeine Pflicht zur Entgegennahme und angemessenen Nachverfolgung auch von anonymen Meldungen vorsehen.
- Schaffung eines Unterstützungsfonds für Hinweisgeber
Die Richtlinie hebt die Bedeutung der Unterstützung von Hinweisgebern durch staatliche wie nichtstaatliche Stellen besonders hervor. Die Einrichtung eines Unterstützungsfonds für Hinweisgeber, aus dem die Beratung und Unterstützung von Hinweisgebern sowie der Ausgleich von persönlichen Nachteilen erbracht werden kann, wäre wünschenswert.
- Weitere (gesetzliche) Schutzmaßnahmen
Darüber hinaus empfiehlt TI-Austria, weitere gesetzliche Regelungen zu erlassen, wie beispielsweise die Einrichtung einer weisungsfreien zentralen Beratungsstelle (Helpdesk) mit Lotsenfunktion zu zuständigen Behörden bzw. zu rechtlicher und psychologischer Unterstützung.
Link zur Website: https://www.ti-austria.at/2020/09/21/4312/
Kontakt für Rückfragen:
Transparency International – Austrian Chapter
Kristof Wabl (Leiter der TI-Austria Arbeitsgruppe „Whistleblowing“)
Luca Mak (TI-Austria Geschäftsstellenleiter)
Tel.: +43 (0)1 960 760 / E-Mail: office@ti-austria.at