Freiwillige Offenlegung gescheitert – Transparency International Austria fordert gesetzliche Verpflichtung

Wien, 26.05.2021: Rund 140 Millionen Euro zahlt die Pharmaindustrie in Österreich jährlich an Ärztinnen und Ärzte sowie medizinische Einrichtungen. Dabei geht es um Honorare für Forschungsprojekte, Vorträge und Beratungen, Unterstützung für Veranstaltungen und Kongressreisen sowie Spenden.

Im Jahr 2015 hat die EFPIA, der europäische Branchenverband der Pharmaindustrie, einen „Disclosure Code“ veröffentlicht und umfangreiche Transparenz versprochen. In vielen Ländern erfolgt die Umsetzung dieses Versprechens aber nur halbherzig. Anstatt die Ärztinnen und Ärzte, die Gelder erhalten aufzulisten, verstecken sich viele Firmen hinter dem Datenschutz und machen die namentliche Nennung der Zahlungsempfänger von deren Zustimmung abhängig. „Das ist keine Transparenz, sondern eine Farce!“, sagt Mag. Andrea Fried, Leiterin der Arbeitsgruppe Gesundheit bei Transparency International Austria. In Österreich ist der Anteil der anonymen Meldungen besonders hoch. Während etwa in Belgien, den Niederlanden und Spanien 100 Prozent der Zahlungen namentlich offengelegt werden, sind es hierzulande gerade einmal 18,5 Prozent.

„Die freiwillige Selbstverpflichtung ist gescheitert“, betont Fried. „Pharmafirmen, die konsequente Zustimmung der Ärztinnen und Ärzte zur namentlichen Offenlegung einholen, sind in Österreich eine Rarität. Die anderen verwenden den Datenschutz als willkommene Ausrede“.  

Transparency International Austria fordert daher eine gesetzliche Verpflichtung nach dem Vorbild des „Physician Payment Sunshine Act“, einem Gesetz in den USA aus dem Jahr 2012. Alle Zahlungen von Herstellern von Arzneimitteln und Medizinprodukten an Angehörige von Gesundheitsberufen müssen aufgrund dieses Gesetzes gemeldet und in der zentralen Datenbank https://openpaymentsdata.cms.gov/ veröffentlicht werden.

„Die Zusammenarbeit zwischen der medizinischen Forschung und der Industrie hat Tradition. Es ist dabei aber wichtig, potenzielle Interessenkonflikte zu berücksichtigen“, betont Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI-Austria. Studien legen nahe, dass Zuwendungen von Pharma- und Medizintechnik-Unternehmen Affinitäten begründen und damit Therapieentscheidungen oder die Erstellung von Leitlinien beeinflussen. „Größtmögliche Transparenz ist unverzichtbar. Wir müssen dafür sorgen, dass die Sicherheit der Patientinnen und Patienten und die Qualität der Versorgung an erster Stelle stehen“, sagt Geiblinger.

 

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Mag. Andrea Fried

Leiterin der AG Gesundheitswesen

TI-Austria

Tel.: +43 (0)1 960 760

E-Mail: office@ti-austria.at

 

Luca Mak LL.M. (WU)

Geschäftsstellenleiter

TI-Austria

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