Frist für Whistleblowing-Schutz verstrichen

EU-Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ein

Wien, 10.02.2022: Gemäß EU-Richtlinie hätte der österreichische Gesetzgeber bis 17. Dezember 2021 einen gesetzlichen Rahmen schaffen müssen, der Whistleblower vor Repressalien schützt. TI-Austria setzt sich dafür bereits seit Jahren ein. 56 Tage nach Ende der Umsetzungsfrist hat Österreich noch keinen Begutachtungsentwurf präsentiert. Nun hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.[1]

Frau Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI-Austria: “Österreich hat es trotz öffentlichen Beteuerungen von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern verpasst, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Knapp zwei Monate nach der Deadline wurde weder ein Entwurf präsentiert noch der Begutachtungsprozess gestartet. Das ist ein Armutszeugnis und ein Paradebeispiel, weshalb Österreich im Corruption Perceptions Index mit immer schlechteren Ergebnissen konfrontiert ist. Dies wirkt sich auch auf die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes aus. [2]

Herr Mag. Kristof Wabl, Leiter der AG-Whistleblowing: “Whistleblowing ist eine der effektivsten Methoden, um Fehlverhalten und damit auch Schäden für Unternehmen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Dennoch glauben nur 47 Prozent der europäischen Bürgerinnen und Bürger, dass sie Korruption bedenkenlos melden können. Die TI-Arbeitsgruppe hat ein umfangreiches Empfehlungspaket erarbeitet, mit dem Österreich Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber endlich den längst fälligen Schutz gewähren kann. Dabei ist die Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs auf das nationale Korruptionsstrafrecht von essenzieller Bedeutung”[3]

Ohne auf den Bundesgesetzgeber zu warten, wurde sowohl im öffentlichen Bereich als auch im Privatsektor die Initiative ergriffen. Dies zeigen folgende Best-Practice-Beispiele von korporativen TI-Mitgliedern:

Dr. Peter Waldenberger, Chief Compliance Officer, Gebrüder Weiss GmbH: „Verstöße gegen Compliance Regeln oder Gesetze sind inakzeptabel. Abgesehen von den herkömmlichen Kontrollmechanismen wie interne Revision oder Audits war es für Gebrüder Weiss eine Selbstverständlichkeit, frühzeitig ein praktikables und anonymes Meldesystem einzurichten, um intern und extern die Möglichkeit anzubieten, Missstände aufzuzeigen und mit den Compliance-Verantwortlichen in Kontakt zu treten. Auch wenn die Anzahl der Meldungen bisher mehr als überschaubar war, wurden uns doch schon Verbesserungspotentiale aufgezeigt. Wichtig ist, dass man die Möglichkeit schafft, dass Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber ein Instrument zur Verfügung haben, mit dem unkompliziert und unter Wahrung der persönlichen Integrität, Meldungen gemacht werden können.“

Mag.a Verena Preisl, MBA, Leiterin der Gruppe Interne Revision und Compliance der Magistratsdirektion Wien: „Die Stadt Wien bekennt sich zu einer transparenten, unbestechlichen Verwaltung und verfügt seit vielen Jahren über ein umfassendes Antikorruptionsprogramm. Ein wesentlicher Bestandteil des Programms ist die Möglichkeit, Hinweise auf Korruptionsverdachtsfälle niederschwellig und vertraulich an das Antikorruptionsteam der Stadt Wien zu melden oder Rat einzuholen. Seit Februar 2021 steht das „Wiener Hinweisgeber*innensystem“ als digitaler, anonymer Meldekanal Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Bürgerinnen und Bürgern rund um die Uhr zur Verfügung. Es hilft, Compliance-Verstöße und Risiken frühzeitig zu erkennen und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Korruptionsprävention.“

Folgende Elemente sind unter anderem von essenzieller Bedeutung, damit der Whistleblowing-Schutz in Österreich gelingen kann:

  1. Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs
  2. Anonymität
  3. Ausweitung des Schutzes auf die Bearbeiter/innen aller Meldestellen

 

Hier finden Sie das gesamte TI-Austria Forderungspapier

 

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Fax:  +43 (0)1 960 760 760

[1] Infringement Decisions (europa.eu)

[2] Are EU countries failing to protect whistleblowers? – Whistleblowing International Network (whistleblowingnetwork.org)

[3] Are EU countries failing to protect whistleblowers? – Whistleblowing International Network (whistleblowingnetwork.org)