Österreich fliegt aus den Top 20 und landet auf dem harten Boden der „Korruptions-Realität“!

Ergebnis des Transparency Korruptionsrankings (CPI) 2022

Wien, 31.01.2023: Im Korruptionsindex von Transparency International (CPI) 2022 verliert Österreich neuerlich. Diesmal sind es drei Punkte weniger. Österreich erhält nur noch 71 von 100 Punkten. Im Vorjahr waren es noch 74 und vor zwei Jahren 76 Punkte.

 

Der Punkteverlust hat im Ranking dazu geführt, dass Österreich aus den Top 20 gefallen ist. Unser Land nimmt nur mehr Rang 22 ein, knapp gefolgt von Staaten wie den Seychellen, Taiwan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten.

 Diese Tendenz ist nicht nur negativ, sondern inzwischen auch besorgniserregend. Punkteverlust und Verschlechterung im Ranking sind statistisch signifikant.

 Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende TI-Austria, warnt: „Vergangenes Jahr war Österreich noch auf Rang 13 zu finden, jetzt bekommen wir alle die Rechnung dafür präsentiert, dass die politischen Entscheidungsträger/innen Maßnahmen für die Korruptionsbekämpfung gar nicht oder nur sehr zögerlich in Angriff genommen haben. Skandale auf höchster politischer Ebene wurden dazu genutzt, um politisches „Kleingeld“ zu machen. Auch der kürzlich veröffentlichte Bericht von GRECO, der Staatengruppe zur Bekämpfung von Korruption, kritisiert, dass die Bemühungen zur Eindämmung von Korruption noch viel zu gering sind und deutlich intensiviert werden müssen.“

Der Fokus war auf Fehlverhalten von Einzelnen gerichtet und die Diskussion wurde nur darüber geführt, ob etwas strafrechtlich relevant wäre oder nicht. Dabei wurde verabsäumt, die dringend notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung systemischer Mängel zu setzen. 

„Eine effektive Bekämpfung von Korruption braucht eine klare und strenge Gesetzgebung, ein großes Augenmerk auf Präventionsarbeit und Compliance, eine berechenbare und rasche objektive Aufklärung und eine sichtbare und gerechte Verfolgung.“, meint Mag. Georg Krakow, Vorstandsmitglied TI-Austria. „Österreich hat in allen vier Punkten Handlungsbedarf – wie sich zunehmend auch international zeigt. Der Mandatskauf und die Bestechung künftiger Amtsträger/innen ist immer noch nicht strafbar, der seit Kurzem vorliegende Entwurf ist noch nicht ausreichend. Es ist hoch an der Zeit, Informationsfreiheit zu schaffen. Österreich ist hier ein Schlusslicht in Europa! Mehr als zehn Jahre doktern wir jetzt schon an diesem Thema herum. Das Lobbyingrecht ist anzupassen, das Thema Bundesstaatsanwalt liegt auf dem Tisch usw. Notwendig sind auch klare und ausreichende Regelungen zur Rechtsanwendung und zu Ermittlungsmaßnahmen insbesondere im digitalen Bereich. Wir benötigen einerseits eindeutige, ausreichende und klare Kompetenzen für die Strafverfolgungsbehörden, um rasch und zielgerichtet ermitteln zu können und wir benötigen andererseits effektiven gerichtlichen Rechtsschutz. Die WKStA braucht die notwendigen Ressourcen, für raschere Ermittlungen und auch um zusätzlich in Qualitätssicherung zu investieren. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es nur noch schlimmer. Staatliches Handeln in Verwaltung, Gesetzgebung, aber auch in der Gerichtsbarkeit muss für die Bürger/innen transparent sein. Nur so kann Vertrauen in die Behörden und öffentlichen Einrichtungen entstehen und bewahrt werden.“ so Mag. Georg Krakow.

Methodologie

Dr. Alexander Picker; Vorstandsmitglied TI-Austria, erklärt: „Der Korruptionswahrnehmungsindex bezieht sich auf die letzten drei Jahre und aggregiert Daten aus 13 Datenquellen von 12 verschiedenen Institutionen (u.a. Bertelsmann Stiftung, Economist, World Economic Forum und World Bank) zur Wahrnehmung des Korruptionsniveaus im öffentlichen Sektor durch Geschäftsleute sowie Länderexpert/innen. Auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) werden die ermittelten Werte dargestellt. Einige der Quellen analysieren auch die verfügbaren Mechanismen zur Verhinderung von Korruption in einem Land, wie zum Beispiel: Rechtsschutz für Whistleblower/innen, Journalist/innen und Ermittler/innen. Der Transparency CPI hat sich als eines der besten Instrumente etabliert, um das schwer greifbare Phänomen Korruption in Zahlen zu fassen und das Niveau in den diversen Staaten zu bewerten.“

Der CPI umfasst u.a. folgende Erscheinungsformen von Korruption: Bestechung und Bestechlichkeit, Nepotismus, Untreue im öffentlichen Sektor und die effektive Strafverfolgung von korruptionsverdächtigen Amtsträger/innen sowie wirksame Integritätsmechanismen im öffentlichen Sektor. Expert/innen schätzen die Korruption in einem Staat u.a. anhand von folgender Frage: Inwieweit dämmt die Regierung Korruption erfolgreich ein und inwieweit werden Amtsträger/innen, die ihre Position missbrauchen, strafrechtlich verfolgt oder bestraft?
 

Ergebnis International

Wie im letzten Jahr bleibt Dänemark auf Rang 1. Zum Vergleich: Österreich fehlen auf Dänemark mittlerweile schon 19 Punkte. Neuseeland und Finnland erzielen „ex aequo“ den zweiten Platz.

 nsere Nachbarn Deutschland und Schweiz sind weiterhin unter den Top 10 Staaten der Welt gereiht. Die Schweiz verteidigt Rang sieben und Deutschland belegt Rang neun.

 Aserbaidschan hat in diesem Jahr im Ranking, mit einem Minus von sieben Punkten, am meisten Punkte verloren. Der Staat landet auf Rang 157. Dies entspricht einer Verschlechterung um 29 Ränge. Am Ende der Rangliste finden sich Südsudan und Syrien, mit jeweils 13 Punkten sowie Somalia mit 12 Punkten. Das Gesamtergebnis finden Sie auf der Website von Transparency International: Home – Transparency.org


Transparency Gebote für Verbesserungen bei Anti-Korruption

„Anti-Korruptionsprojekte sind schon seit Jahren in der „Pipeline“ der Regierung, doch gegen die Umsetzung wird laufend mit Arbeitsaufwand und Datenschutz argumentiert. Es braucht mehr als nur Lippenbekenntnisse. Die konkreten Maßnahmen liegen auf dem Tisch. Österreich muss endlich den Mentalitätswandel vollziehen und Transparenz leben!“, so Prof. Geiblinger. „Statt einer positiven Entwicklung, hat Österreich in Bezug auf Anti-Korruptionsmaßnahmen nahezu ein Jahrzehnt verspielt. Die Auswirkungen der Skandale und das schlechte Ergebnis im CPI wirken sich in der internationalen Wahrnehmung verheerend aus, u.a. auf die Investitionsbereitschaft in unserem Land. Der durch Korruption entstandene volkswirtschaftliche Schaden könnte sich hierzulande für das Jahr 2021 auf über 15 Mrd. Euro belaufen haben. Das ergaben Berechnungen von Dr. Friedrich Schneider, Universitätsprofessor an der Johannes Keppler Universität Linz.

Platz 22 ist für ein Land wie Österreich inakzeptabel! Der „Tone from the Top“, also die Vorbildfunktion der Politik, ist schlicht und einfach nicht mehr gegeben.“

  1. Gebot
    Unabhängige Ermittlungen! Die Weisungsspitze der Staatsanwaltschaften ist von der Bundesministerin für Justiz zu entkoppeln!
  1. Gebot
    Schutz von Whistleblower/innen! Der vollumfassende Schutz von Hinweisgeber/innen ist eines der effizientesten Mittel im Zuge von Anti-Korruptionsbemühungen – das HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG ist umzusetzen!
  1. Gebot
    Ohne Transparenz kein Lobbying! Das Lobbying-Gesetz ist nachzuschärfen, um alle Lobbying-Aktivitäten, zu erfassen und öffentliche Kontrolle zu ermöglichen.

 Neben Forderungen hat TI-Austria zu unterschiedlichen Themenbereichen auch konkrete Stellungnahmen und Empfehlungen präsentiert. Die Expert/innen von TI-Austria werden auch in Zukunft an einem umfangreichen Anti-Korruptions-Portfolio mit konkreten Lösungsansätzen für Österreich arbeiten. Unten die konkreten Dokumente: 

 Gesamtergebnis CPI 2022

Weitere Informationen
Die Ergebnisse aller im diesjährigen CPI erfassten Staaten finden Sie auf der Seite des internationalen TI-Headquarters unter: https://www.transparency.org/en/cpi
(ab 31.01.2023, 06:01 Uhr) 


Kontakt für Rückfragen:
Luca Mak LL.M.
Geschäftsführer TI-Austria
Tel.: +43 (0)1 960 760 / E-Mail: office@ti-austria.at