„Die nachhaltige Verschlechterung der Reputation Österreichs in der internationalen Geschäftswelt gibt Anlass zur Besorgnis.“ – Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende TI-Austria

 

Wien, 03.12.2013: Die massiven Korruptionsfälle, die in den vergangenen Jahren bekannt wurden, haben starke Auswirkungen darauf, wie „korrupt“ Österreich international eingeschätzt wird. 2013 liegt Österreich im weltweiten Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency nur mehr auf Platz 26. Bereits im Vorjahr war Österreich von Platz 16 (den es sich mit zwei anderen Staaten geteilt hatte) auf Platz 25 zurückgefallen. Im Vergleich der EU-28 und anderer entwickelter demokratischer (europäischer, nordamerikanischer, asiatischer) Industriestaaten liegt Österreich nur mehr im Durchschnitt, im Vergleich der früheren EU-15 und der angelsächsischen Demokratien hingegen nur mehr im untersten Drittel. Im EU-Vergleich liegen nur die mediterranen Mitgliedstaaten und die neuen Mitgliedstaaten (die allerdings von einer deutlich schlechteren Ausgangsposition gestartet sind) noch schlechter als Österreich.

Der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) ist ein zusammengesetzter Index aus vergleichenden Länderanalysen durch Unternehmensberatungsagenturen, NGOs und Stiftungen sowie Umfragen unter Managern vor allem international tätiger Unternehmen aus den vergangenen 1-3 Jahren. „Gemessen wird beim CPI die Wahrnehmung der Verbreitung von Bestechlichkeit sowie effektiver Mechanismen zur Bekämpfung und Prävention von Korruption im öffentlichen Sektor der jeweiligen Staaten“, so DDr. Hubert Sickinger, Vizepräsident des Beirats von Transparency International – Austrian Chapter. Der CPI-Wert ist der Mittelwert aus den für den jeweiligen Staat zugrunde liegenden Studien, umgerechnet auf eine Skala zwischen 0 (umfassende Korruption) und 100 (keine Korruption) Österreich kommt in dieser Skala 2012 und 2013 jeweils auf 69 Punkte.

Die langfristige und nachhaltige Verschlechterung der Reputation Österreichs in der internationalen Geschäftswelt und unter Experten ist Besorgnis erregend. Das heißt für die demnächst zu bildende neue Bundesregierung Korruption effizient zu bekämpfen und dies auch öffentlich und glaubwürdig zu vermitteln.

Transparency International – Austrian Chapter erkennt dabei durchaus an, dass bereits die scheidende Regierung und das Parlament zuletzt Schritte in Richtung einer verbesserten Korruptionsbekämpfung getätigt haben.

So wurden ab 2013 schwerwiegende Lücken im Korruptionsstrafrecht geschlossen (die allerdings wenige Jahre zuvor von derselben Regierung eingeführt worden waren) und ein neues Parteiengesetz erlassen. Diese Gesetze, die auch Forderungen von Transparency International – Austrian Chapter aufgegriffen haben, müssen nun konsequent umgesetzt und angewandt werden. Weitere wichtige Schritte sind allerdings noch zu gehen, um das nationale Integritätssystem in Österreich zu verbessern:

  • Die wirksame strafrechtliche Bekämpfung von Korruption steht und fällt mit der ausreichenden personellen und fachlichen Ausstattung der Staatsanwaltschaft und deren Unabhängigkeit. „Mit dem Aufbau der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wurden bereits wichtige Verbesserungen eingeführt“, so Geiblinger, „darüber hinaus fordert Transparency International – Austrian Chapter, dass die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft (die verfassungsrechtlich einen Teil der Justiz darstellt) gegenüber dem Justizminister abgeschafft werden muss“. Es sollte nämlich nicht von der Person des Ministers bzw. der Ministerin oder den Interessen seiner bzw. ihrer Partei abhängen, ob Einfluss auf Anklagen oder Verfahrenseinstellungen genommen wird – oder dass zumindest ein derartiger Eindruck in der Öffentlichkeit entstehen könnte.
  • Spitzenreiter aller internationalen Antikorruptionsrankings sind Staaten mit besonders ausgeprägter Transparenz der Verwaltung und Politik und umfassenden Informationsfreiheitsgesetzen: Ein rascher Zugang für Bürger und Medien zu Informationen der Verwaltung/des öffentlichen Sektors gilt heute zu Recht als Kernelement eines umfassenden nationalen Integritätssystems. „Die Abschottung hinter einem breit gefassten Amtsgeheimnis (wie in Österreich) hingegen wirkt als Hindernis für Korruptionsprävention und -kontrolle“, so Sickinger.
    Transparency International – Austrian Chapter fordert daher die künftige Bundesregierung auf, den bereits seit Februar 2013 mehrfach getätigten Ankündigungen Taten folgen zu lassen, das Amtsgeheimnis verfassungsrechtlich auf unumgänglich notwendige Kernbereiche (etwa der öffentlichen Sicherheit und des Datenschutzes einzelner Bürger) zu beschränken und ein Informationsfreiheitsgesetz zu erlassen, das sich an modernen internationalen Vorbildern (etwa Hamburg und Slowenien) orientiert.
  • „Österreich fehlt bislang eine umfassende Regelung zum Schutz von Hinweisgebern („Whistleblower“) in Korruptionsfällen“, so Geiblinger. Internationale Institutionen (wie GRECO) fordern aufgrund internationaler Erfahrungen eine derartige „whistleblower protection“, da Korruptionsfälle in den meisten Fällen durch Hinweise von „Insidern“ aus den betroffenen Organisationen selbst aufgedeckt werden. Die 2011 eingeführte „Kronzeugenregelung“ – bei der es um Tatbeteiligte geht, die ihr Wissen umfassend den Justizbehörden offenlegen müssen – hat mittlerweile bewiesen, dass sie bei der Aufdeckung von Korruptionsfällen behilflich ist. Aber es fehlt eine Schutzregelung für nicht in Delikte involvierte Hinweisgeber aus den entsprechenden Unternehmen und Behörden gegen dienstrechtliche oder tatsächliche Benachteiligungen oder auch existenzbedrohende Klagen.

 

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Dateien:

2013-12-03_Corruption Perceptions Index 2013 – Pressemitteilung international

2013-12-03_Corruption Perceptions Index 2013 – Ergebnisse gesamt

2013-12-03_Corruption Perceptions Index 2013 – Ergebnisse entwickelte Demokratien

2013-12-03_Corruption Perceptions Index 2013 – Ergebnisse entwickelte Industriestaaten