Transparency International Austria veröffentlicht Empfehlungspapier für die Besetzung von Führungs- und Leitungsorganisationen
Wien, 08.07.2021: Die vermehrte Kritik an Stellenbesetzungen von Top Positionen in staatsnahen Unternehmen und in der öffentlichen Verwaltung zeigt vor allem die mangelnde Transparenz bei solchen Stellenbesetzungen auf. In der Öffentlichkeit entsteht der Eindruck, dass bei diesen Besetzungen teilweise objektive und Kompetenz basierte Auswahlkriterien nur eine untergeordnete Rolle spielen. Dadurch erleidet nicht nur die Politik einen Vertrauensverlust, sondern dieser Reputationsverlust strahlt auch auf ausgezeichnete Manager*innen und Führungskräfte in staatsnahen Unternehmen und in der öffentlichen Verwaltung aus.
Frau Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von TI -Austria, betont: „Die bestehenden Regelungen, die Postenschacher nicht verbieten bzw. verhindern, sind unzureichend. Transparency International Austria spricht sich daher für eine absolute Transparenz im Auswahlverfahren solcher Spitzenpositionen in staatsnahen Unternehmen aus.“
Herr Dr. Rene Wenk, Leiter der AG Staatsnahe Unternehmen, erklärt: „Die geltenden Vorgaben und Rahmenbedingungen bieten Möglichkeiten, den Bestellungsprozess gezielt zu steuern, um ein ‘gewünschtes‘ und nicht ein objektives Ergebnis zu erreichen. Es fehlt an Transparenz im Prozess und Konsequenzen bei Umgehungsversuchen.“
Trotz klarer gesetzlicher Vorgaben kann ein Bestellungsprozess so gesteuert werden, dass anscheinend dem gesetzlichen Wortlaut gemäß gehandelt worden ist, im Ergebnis jedoch „Postenschacher“ herauskommt.
So kann beispielsweise
- die Ausschreibung auf für die Position vorgesehene Bewerber*innen zugeschnitten werden,
- die Hearingkommission mit instruierten Mitgliedern besetzt werden,
- für die Stellenbesetzung ein Personalberatungsunternehmen beauftragt werden, welches vorab Personalwünsche und damit entsprechende Beurteilungen mündlich mitgeteilt bekommt,
- die Verhandlung des Anstellungsvertrages mit ungewollten, erstgereihten Bewerber*innen so geführt werden, dass z.B. der*die gewünschte Zweitgereihte zum Zug gelangt.
Die bestehenden Regelungen, die das nicht verbieten bzw. verhindern, sind unzureichend. Transparency International Austria spricht sich daher für eine erhöhte Transparenz im Auswahlverfahren solcher Spitzenpositionen in staatsnahen Unternehmen und in der öffentlichen Verwaltung und für verschärfte gesetzliche Regelungen zur Durchsetzung einer objektiven Stellenbesetzung aus, sodass für die Öffentlichkeit nachvollziehbar die fachliche und persönliche Qualifikation das entscheidende Auswahlkriterium ist.
„Es kann nicht sein, dass prominente Headhunter Verträge aus dem verstaatlichten Bereich ablehnen, da die nötigen Auswahlkriterien nicht unbeeinflusst von der Politik definiert werden können.“, so Frau Prof. Geiblinger.
Handlungsempfehlungen von TI-Austria:
- Verbesserte Transparenz und Nachvollziehbarkeit zur Gewährleistung eines objektiven Auswahlprozesses durch:
Dokumentation und Offenlegung der objektiven Bestellungskriterien, der detaillierten Entscheidungsgründe bzw. Beurteilung und aller am Auswahlprozess beteiligten Personen; detaillierte Begründung beim Abgehen von einem Reihungsvorschlag einer Kommission oder eines beigezogenen Personalberatungsunternehmens;
- Verstärktes Bekenntnis zur Objektivität durch Selbsterklärung:
Erklärungen aller Beteiligten inkl. beigezogener Personalberatungsunternehmen oder sonstiger Dritter; Diese Erklärung beinhaltet, dass die Unterfertigten nach bestem Wissen und Gewissen den Auflagen und Vorgaben des StellBG (oder sinngemäß AusG) folgen;
- Gewährleistung der Regelkonformität durch abschreckende Sanktionen:
Einführen von drastischen Konsequenzen bei Gesetzesverstößen, wie z.B. aufschiebende Wirkung für Bestellungen bei Verdacht auf „Postenschacher“, Nichtigkeit von Verfahren, Schadenersatzpflicht bzw. Ausschluss von zukünftigen öffentlichen Aufträgen für beigezogene Personalberatungsunternehmen bei unsachlicher Abweichung von objektiven Kriterien;
- Stärkung der Rechte der Bewerber*innen:
Subjektives Recht auf Einhaltung der Regelungen; Auskunftsrecht unterlegener Bewerber*innen, in welchen Punkten die eigene Qualifikation von der Begutachtungskommission bzw. beigezogener Personalberatungsunternehmen schlechter gesehen wurde, samt Begründung.
Das vollständige Empfehlungspapier finden Sie auf der TI-Website unter folgendem Link:
Kontakte für Rückfragen:
Prof. Eva Geiblinger Dr. Rene Wenk Luca Mak LL.M. (WU)
Vorstandsvorsitzende Leiter AG Staatsnahe Unternehmen Geschäftsstellenleiter
TI-Austria
Tel.: +43 (0)1 960 760
E-Mail: office@ti-austria.at