AG Vergabewesen

 

Die öffentliche Beschaffung ist sowohl aus politischer als auch aus organisatorischer und rechtlicher Sicht eine hochkomplexe Materie, die zur Umsetzung des Wettbewerbs im Binnenmarkt unerlässlich ist. Mit einem Volumen von rund EUR 45 Milliarden pro Jahr in Österreich kommt der öffentlichen Hand als Beschafferin eine besondere Marktmacht zu. Das Vergabewesen bedarf daher einer klaren Reglementierung, um die Umsetzung der Anforderungen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit an das Verwaltungshandeln und die Einhaltung der europäischen Grundsätze, wie Gleichbehandlung und Transparenz, zu gewährleisten.

Die öffentliche Hand ist bei der Beschaffung meist keinem Wettbewerb ausgesetzt. Das vergaberechtliche Regelwerk dient daher als Ausgleichsmechanismus und soll „Waffengleichheit“ herstellen, um Unternehmen – insbesondere durch Transparenzanforderungen und Rechtsschutzmaßnahmen – einen entsprechenden Marktzugang zu öffentlichen Aufträgen zu gewähren und Verwaltungsentscheidungen nachvollziehbar sowie überprüfbar zu machen. Demgegenüber soll das Vergaberecht sicherstellen, dass die öffentliche Hand bei der Auftragsvergabe jeweils (angemessene) Anforderungen an die Öffentlichkeit von Ausschreibungen und der Eignung ihrer Vertragspartner formuliert, die vom Auftraggeber selbst als auch vom Bieterkreis jeweils eingehalten werden müssen und die auch den öffentlichen Einkäufer binden. 

Im Rahmen der öffentlichen Beschaffung hat sich in den letzten Jahren mit der vergaberechtlichen Compliance eine junge Spezialdisziplin entwickelt, die sich insbesondere mit der Korruptionsanfälligkeit des Vergabewesens und mangelnder Transparenz bei der Beschaffungsentscheidung beschäftigt. In nur wenigen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte werden Aspekte, wie Interessenkonflikte der Beschaffungsverantwortlichen, näher behandelt, obwohl entsprechende Rechtsgrundlagen bestehen.

 Neben einer intensiven Auseinandersetzung auf politischer Ebene bedarf es daher einer entsprechenden Bewusstseinsbildung und eines offenen Diskurses unter Einbeziehung aller relevanten Stakeholder, um die bestehenden Vergaberegeln zu kennen, auszulegen und auch anzuwenden.

 

Inhaltliche Themenschwerpunkte der Arbeitsgruppe in diesem Bereich sind daher beispielsweise:

 

  • Erkennen, Awareness und Umgang mit Interessenkonflikten in der Organisation; Schwierigkeiten in der Umsetzung aufgrund unklarer Gesetzesbestimmungen
  • Gleichbehandlung und Transparenz bei Markterkundung und Vorarbeiten durch potentielle Bieter
  • Der vertragsbrüchige Auftragnehmer: Pflichten der Auftraggeberseite und Auswirkungen für Unternehmen und die Gestaltung von Vergabeprozessen
  • Selbstreinigung“: Verschärfung der Regeln für die Teilnahme in Vergabeverfahren
  • Wettbewerbsbeschränkungen durch Absprachen: Relevanz und Auswirkungen für die Beschaffung, ne bis in idem Abgrenzungsproblematiken zwischen Vergabe-, Kartell- und Strafrecht
  • ESG in der Vergabe: Governance-Vorgaben in der öffentlichen Beschaffung
  • Bekanntmachungen vs Umgehungstendenzen
  • Auswirkungen des Informationsfreiheitsgesetzes